Dieses (1817) und das vergangene Jahr waren für ganz Europa besonders erschütternde Jahre, von denen auch die Schweiz stark betroffen war. Infolge eines Vulkanausbruchs in einem fernen Land und eines sehr kalten Sommers kam es zu schweren Ernteausfällen. Diese Website stellt eine Informationsseite dar, wie sie 1817 in einer Gemeinde auf dem Dorfplatz gestanden haben könnte. Sie stellt die verschiedenen Regionen und ihre Konflikte vor, beleuchtet die Situation aus verschiedenen Blickwinkeln, gibt einen Wetterbericht und erklärt, was genau passiert ist, dass es zu einer solchen Notlage gekommen ist.
Peter Scheitlin, ist ein Zeitzeuge, der Reisen durch die Ostschweiz unternahm und dabei die Zeit beschrieb. Er ist Mitautor dieser Informationstafel und seine Reiseberichte sind in allen Texten aufschlussreich. Sein Quellentext hilft, die Zeit und die Geschehnisse zu verstehen.
Die Kantone sind weitgehend auf sich selbst gestellt. Es gibt keine zentrale Koordination, die es ermöglicht, die knappen Ressourcen gerecht zu verteilen. In den Kantonen Glarus und Appenzell, wo die Not besonders gross ist, zeigt sich die politische Ohnmacht der lokalen Regierungen. Zwangsarbeitsanstalten und Suppenküchen, die zur Linderung der Hungersnot errichtet wurden, können den Bedarf der Bevölkerung nicht decken. Die Menschen sind zunehmend frustriert über die Unfähigkeit ihrer politischen Führer, die Krise zu bewältigen. Gleichzeitig wächst der Unmut über die als repressiv empfundenen Massnahmen, die als Lösung präsentiert werden.
In anderen Kantonen wie Bern und Luzern sieht die Lage etwas besser aus. Hier gelingt es den Regierungen, durch Handelsbeziehungen und landwirtschaftliche Reserven die Versorgungslage stabiler zu halten. Dennoch zeigt sich auch hier, dass die föderale Struktur der Schweiz die Verteilung von Hilfsgütern behindert. Die Kantone agieren oft eigennützig und versuchen, ihre eigenen Bevölkerungen zu versorgen, ohne auf die Bedürfnisse der ärmeren Regionen Rücksicht zu nehmen.
In dieser angespannten Situation treten lokale Eliten als zentrale Akteure auf. Grossbauern, wohlhabende Bürger und Adlige übernehmen in vielen Regionen die Verantwortung für die Versorgung der Armen. Sie eröffnen Suppenküchen und organisieren die Verteilung von Nahrungsmitteln. Diese private Wohltätigkeitspolitik sichert ihnen nicht nur den sozialen Rückhalt der Bevölkerung, sondern verstärkt auch ihren politischen Einfluss. Doch die Unterstützung bleibt selektiv: Nur diejenigen, die als „würdig“ gelten, erhalten Hilfe. Arme, die als faul oder unzuverlässig angesehen werden, erhalten keine Unterstützung, was zu wachsenden sozialen Spannungen führt.
Eine bedeutende Entlastung kommt jedoch durch Spenden aus dem Ausland. Zahlreiche europäische Städte und Privatpersonen, vor allem aus Deutschland und Russland, schicken Nahrungsmittel und Geld in die Schweiz, um die Hungersnot zu lindern. Der russische Zar Alexander spendet grosse Summen an die ärmsten Kantone. Diese internationale Solidarität zeigt, dass die Krise in der Schweiz auch ausserhalb der Landesgrenzen Aufmerksamkeit erregt. Besonders Städte wie St. Gallen und Zürich profitieren von diesen Hilfsaktionen. In Glarus und Appenzell verteilen lokale Hilfsorganisationen die aus dem Ausland eingetroffenen Spenden, doch auch hier bleibt die Not gross.
Die Krise verstärkt die Ungleichheiten zwischen den städtischen und ländlichen Regionen der Schweiz. In Städten wie Basel und Zürich, wo Handel und Industrie florieren, gelingt es den politischen Institutionen, durch den Import von Nahrungsmitteln die schlimmsten Auswirkungen der Hungersnot abzufedern. Hier zeigen sich die Vorteile städtischer Handelsnetzwerke. In den ländlichen Gebieten hingegen, die stärker von der Landwirtschaft abhängig sind, bleibt die Lage dramatisch. Die Ernteausfälle und die hohen Lebensmittelpreise treffen die Landbevölkerung besonders hart, und die politischen Institutionen sind hier oft überfordert.
Die Unterschiede zwischen Stadt und Land führen zu Spannungen. In den städtischen Zentren nimmt die politische Elite die Krise als vorübergehendes Problem wahr, das mit internationaler Hilfe und Handelsaktivitäten bewältigt werden kann. In den ländlichen Regionen wächst hingegen der Frust über die mangelnde Unterstützung und die soziale Ungleichheit. Diese Spannungen drohen, das politische Gefüge der Schweiz zu destabilisieren.
Auch auf internationaler Ebene zeigt sich die politische Isolation der Schweiz in dieser Krise. Der Kontinent erholt sich noch immer von den Napoleonischen Kriegen, und die Handelsbeziehungen sind gestört. Während einige Kantone versuchen, Getreide aus dem Ausland zu importieren, stossen sie auf zahlreiche Hindernisse. Zölle und Handelsbarrieren, die in vielen europäischen Ländern errichtet wurden, erschweren den Import von Nahrungsmitteln erheblich. Diese Probleme verdeutlichen die Abhängigkeit der Schweiz von ausländischen Märkten, auf die sie in dieser Krise nur begrenzt zugreifen kann.
Auch innerhalb der Schweiz kommt es zu Handelskonflikten. Einige Kantone blockieren den Transport von Lebensmitteln in andere Regionen, um ihre eigenen Vorräte zu sichern. Diese Massnahmen führen zu weiteren Spannungen zwischen den Kantonen und untergraben die Solidarität innerhalb des föderalen Systems. Die politischen Institutionen geraten zunehmend unter Druck, da die Bevölkerung nach Lösungen verlangt, doch die Handlungsspielräume sind begrenzt.
Auch heute im Sommer 1817 zeigt sich, dass das politische System der Schweiz angesichts dieser Krise an seine Grenzen stösst. Die föderale Struktur, die den Kantonen grosse Autonomie einräumt, erweist sich als ineffizient. Viele Kantone, insbesondere die ländlichen, fordern eine stärkere zentrale Koordination, um zukünftige Krisen besser bewältigen zu können. Diese Forderungen stossen jedoch auf Widerstand in den wohlhabenderen städtischen Regionen, die ihre Autonomie nicht aufgeben wollen.
Die Diskussion um eine stärkere Zentralregierung gewinnt an Fahrt, da die Bevölkerung immer deutlicher spürt, dass das aktuelle System den Herausforderungen nicht gewachsen ist. Die Regierungen der Kantone stehen unter wachsendem Druck, Reformen einzuleiten, doch die politischen Entscheidungsträger zögern.
Aktuell bleibt die politische Situation in der Schweiz angespannt. Während sich die Hungersnot weiter zuspitzt, setzen internationale Spenden und lokale Hilfsaktionen nur kurzfristige Linderungen. Die Krise zwingt die politischen Eliten, sich den strukturellen Schwächen des Systems zu stellen, doch grundlegende Lösungen sind noch nicht in Sicht.
Das Jahr 1816 wird als das „Jahr ohne Sommer“ in die Geschichte eingehen. Der Grund für die anhaltenden Wetterextreme und Ernteausfälle liegt tausende Kilometer entfernt – auf der indonesischen Insel Sumbawa. Dort brach im April 1815 der Vulkan Tambora aus, was katastrophale Folgen für das weltweite Klima hat.
Der Tambora-Ausbruch war einer der heftigsten in der bekannten Geschichte und schleuderte eine riesige Menge Asche und Schwefeldioxid in die Atmosphäre. Diese Partikel blockieren seitdem das Sonnenlicht und führen zu einem merklichen Rückgang der globalen Temperaturen. Die Auswirkungen sind auch in der Schweiz deutlich spürbar: Regen, Kälte und sogar Frost haben im Juni und Juli viele Felder zerstört. Die Temperaturen liegen weit unter den üblichen Sommerwerten, und in vielen Teilen Europas kommt es zu Missernten.
Der Vulkanausbruch hat nicht nur klimatische, sondern auch wirtschaftliche und soziale Folgen. In weiten Teilen der Schweiz und Europas steigen die Lebensmittelpreise rapide an. Die Menschen kämpfen gegen Hunger und Armut, und die Lage wird immer angespannter. Bauern und Händler berichten von verheerenden Schäden an den Ernten, die den ohnehin schon knappen Nahrungsmittelvorrat weiter dezimieren.
Während Forscher die langfristigen Auswirkungen des Vulkanausbruchs noch nicht abschätzen können, bleibt klar, dass die Naturkatastrophe unsere Region vor eine der grössten Herausforderungen seit Jahrzehnten stellt. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Lage entwickelt, doch schon jetzt wird deutlich, dass das „Jahr ohne Sommer“ in vielen Teilen der Welt zu einer Hungersnot führen könnte.
Im April 1815 brach der Vulkan Tambora in Indonesien aus und setzte enorme Mengen Vulkanasche frei, die das weltweite Klima erheblich beeinflusste. Dieser Ausbruch war der Anfang einer langen Periode ungewöhnlicher Wetterbedingungen, die sich vor allem in den folgenden Jahren dramatisch bemerkbar machten.
Im Jahr 1816, das als "Jahr ohne Sommer" bekannt wurde, erlebte Europa und insbesondere die Schweiz ein aussergewöhnlich kaltes und nasses Klima. Der Frühling und der Sommer 1816 waren von anhaltendem Regen, niedrigen Temperaturen und häufigem Frost geprägt. Das Dossier beschreibt, dass viele Menschen in der Schweiz unter dem kalten Wetter litten, das grosse Teile der Ernte vernichtete. Im Sommer waren die Temperaturen so niedrig, dass es auch in den Sommermonaten Schnee und Frost gab, was die Ernten vollständig ruinierte und zu massiven Ernteausfällen führte. Diese klimatischen Bedingungen sorgten dafür, dass die Menschen in der Schweiz hungerten, da die Getreidepreise in die Höhe schossen und Nahrungsmittel knapp wurden.
Der Herbst 1816 brachte keine Besserung: Die Kälte und Nässe hielten an, und es kam zu einem unermüdlichen Wechsel zwischen Regen und Frost. Die Hungersnot verschärfte sich, und das Vieh musste notgeschlachtet werden, da es nicht mehr genügend Futter gab. Der Dossiertext beschreibt, wie die Menschen begannen, Gras zu essen, da andere Nahrungsquellen erschöpft waren. Besonders hart traf es die Bergregionen der Schweiz, wo die Bevölkerung kaum Zugang zu Ressourcen hatte.
Das Frühjahr 1817 brachte zwar einige Hoffnungen mit sich, da der Winter zu Ende ging und die Natur langsam wieder zum Leben erwachte. Doch das Wetter blieb weiterhin kühl und unberechenbar. Die Menschen sammelten eifrig Kräuter und Beeren, um sich irgendwie zu ernähren, da die Lebensmittelpreise weiterhin extrem hoch waren. Es wird beschrieben, dass sie sogar Gras kochten, um sich zu sättigen. Trotz der leichten Erwärmung und der aufblühenden Vegetation blieb die allgemeine Wetterlage durchgehend schlecht, was die ohnehin katastrophale Situation kaum linderte.
Im Juli 1817 war die Lage noch immer prekär. Die Temperaturen waren weiterhin kühl für die Jahreszeit, und es kam zu weiteren Wetterextremen. Auch die landwirtschaftlichen Erträge blieben hinter den Erwartungen zurück, was die Not in der Bevölkerung weiter verstärkte.
Die Kirche spielt in dieser Zeit eine ambivalente Rolle. Auf der einen Seite stellt sie für viele Menschen die einzige Quelle von Trost und Hoffnung dar. Gottesdienste und Gebete sind für viele die einzige Möglichkeit, in einer Zeit des Hungers und der Unsicherheit einen Sinn zu finden. Die christlichen Werte von Nächstenliebe und Barmherzigkeit, die in Predigten betont werden, bieten der Bevölkerung eine spirituelle Stütze. Besonders in den ländlichen Regionen, wo die Not am grössten ist, hat die Kirche einen enormen Einfluss auf das tägliche Leben. Hier ist die Kirche nicht nur eine religiöse Institution, sondern auch eine moralische und soziale Instanz, die in der Krise Orientierung bietet.
Auf der anderen Seite steht die Kirche jedoch vor der Herausforderung, ihre eigene Rolle in der konkreten Bewältigung der Krise zu finden. In vielen Regionen wird von der Kirche erwartet, dass sie aktiv in die Versorgung der Armen eingreift und materielle Hilfe leistet. Kirchliche Suppenküchen und Hilfsprogramme sind zwar weit verbreitet, können aber nicht die strukturellen Mängel der politischen Institutionen ausgleichen. Die Kirche stösst an ihre Grenzen, wenn es darum geht, die massenhafte Armut und das Leid zu lindern.
Die christliche Lehre der Nächstenliebe wird in dieser Zeit besonders hervorgehoben, und viele Geistliche rufen ihre Gemeinden dazu auf, sich für die Bedürftigen einzusetzen. In vielen Kantonen sind es kirchliche Gruppen, die Spendenaktionen organisieren und versuchen, die Hilfen aus dem Ausland gerecht zu verteilen. Diese Rolle der Kirche als Verteiler von Spenden und Organisator von Hilfsaktionen verschafft ihr in vielen Regionen grossen Einfluss, doch auch hier gibt es Herausforderungen. Ähnlich wie bei den politischen Institutionen gibt es auch innerhalb der Kirche eine selektive Unterstützung. Nur diejenigen, die als „würdig“ gelten – meist fleissige und gläubige Gemeindemitglieder – erhalten Unterstützung. Andere, die als moralisch fragwürdig oder als weniger fromm gelten, werden oft übersehen. Dies führt zu Spannungen innerhalb der Gemeinden, da die Verteilung von Hilfsgütern an religiöse oder moralische Kriterien gebunden ist. Die kirchliche Wohltätigkeitspolitik wird somit oft als unzureichend und ungerecht empfunden.
Im Zuge der Krise entstehen zudem vermehrt religiöse Bewegungen, die sich als Reaktion auf das zunehmende Leid und die Notlage der Bevölkerung verstehen. Besonders hervorzuheben ist die Rolle der pietistischen Strömungen, die in dieser Zeit Zulauf erhalten. Diese Bewegungen betonen die individuelle Frömmigkeit und die persönliche Beziehung zu Gott als Antwort auf die Krise. Die Menschen suchen Halt in spirituellen Erfahrungen und wenden sich von den etablierten Kirchen ab, wenn diese als zu weltlich oder zu wenig engagiert in der Bewältigung der Hungersnot empfunden werden.
Eine herausragende Figur dieser Zeit ist die Baronin von Krudener, eine religiöse Mystikerin, die in der Schweiz und anderen Teilen Europas predigt und die Menschen zu Busse und Umkehr aufruft. Sie verkündet, dass die Krise ein göttliches Strafgericht sei und dass nur eine Rückkehr zu einem frommen und gottgefälligen Leben das Land von seiner Not erlösen könne. Ihre Predigten ziehen Hunderttausende an, und viele sehen in ihr eine von Gott gesandte Prophetin. Sie ruft dazu auf, Almosen zu geben, und verteilt selbst reichlich an die Bedürftigen.
Doch auch diese Bewegungen stossen auf Widerstand, insbesondere von den etablierten Kirchen. Die mystischen und pietistischen Strömungen werden oft als gefährlich und subversiv angesehen, da sie die Autorität der traditionellen kirchlichen Hierarchien infrage stellen. Es kommt zu Spannungen zwischen den Anhängern dieser neuen religiösen Bewegungen und den etablierten Kirchenvertretern, die die Kontrolle über ihre Gemeinden zu verlieren drohen.
In der religiösen Deutung der Krise spielt die Vorstellung von göttlicher Vorsehung eine zentrale Rolle. Viele Menschen, die durch den Hunger und die Armut tief verunsichert sind, suchen in der Religion Antworten auf die Frage, warum diese Katastrophe über sie hereingebrochen ist. Geistliche deuten die Hungersnot oft als göttliche Prüfung oder Strafe für die Sünden der Menschheit. In den Predigten wird betont, dass die Menschen durch Frömmigkeit, Busse und Nächstenliebe ihre Lage verbessern könnten. Diese religiöse Interpretation der Krise gibt vielen Menschen Trost, da sie das Leid als Teil eines grösseren göttlichen Plans begreifen können. Doch gleichzeitig gibt es auch Kritik an dieser Sichtweise. Viele fragen sich, warum Gott so viel Leid zulässt, und nicht wenige verlieren ihren Glauben angesichts der extremen Not. Diese Spannung zwischen dem Trost der Religion und der Frage nach der Gerechtigkeit Gottes prägt den religiösen Diskurs dieser Zeit.
Für viele Menschen ist die Religion in dieser Zeit der einzige Halt. Die regelmässigen Gottesdienste und Gebete bieten einen Raum, in dem sie ihre Sorgen und Ängste ausdrücken können. Die Kirche wird für viele zum zentralen Ort der Gemeinschaft, wo sie sich trotz der materiellen Not geistig gestärkt fühlen. In dieser spirituellen Gemeinschaft finden viele Menschen die Kraft, die schwierigen Zeiten zu überstehen. Doch gleichzeitig wird auch immer deutlicher, dass die Kirche ihre Rolle in der Gesellschaft überdenken muss. Die Krise zeigt, dass die reine spirituelle Unterstützung nicht ausreicht, um die Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen. Es wird zunehmend gefordert, dass die Kirche nicht nur moralische, sondern auch praktische Lösungen anbietet und sich aktiv an der politischen und sozialen Neugestaltung beteiligt.
IDAF Dossier
Einführungsfilm: https://nanoo.tv/link/v/bUaHPwtp
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